Tu was du für richtig hälst. Es wird immer jemanden geben, der anders denkt. ( Michelle Obama, First Lady der USA)

Montag, 23. November 2015

Jetzt und Hier

Da ich jetzt schon 4 Wochen nichts mehr von mir hören lassen hab aber so einiges passiert ist werde ich versuchen hier einige Themenbereiche für euch zusammenzufassen.


Deutsch Stammtisch: An der Uni haben wir herausgefunden, dass es auch noch 4 andere deutsche Austauschstudenten hier in Vitoria gibt. Diese haben uns erzählt dass es wöchentlich einen Deutsch Stammtisch in einem deutschen Lokal gibt. Der Stammtisch besteht aus uns Deutschen und Brasilanern die schon einmal einige Zeit in Deutschland gelebt haben und auch deutsch können. Einige sogar so gut, dass ich zuerst dachte sie seien auch Deutsche:) Eine der ersten Fragen ist auch immer ob das deutsche Bier wirklich viel besser schmeckt, wobei ich da jetzt keinen Unterschied feststellten konnte, außer dass dies hier um einiges kälter getrunken wird. Donnerstag war ich außerdem noch auf einem Englischmeeting. Ich merke jetzt schon, dass mein Englisch sich durch die neue Sprache echt verschlechtert hat. Zusätzlich sorgte noch für Verwirrung als ich mich mit einigen Personen abwechselnd auf allen 3 Sprachen unterhalten konnte.




Neues aus der Creche: Meine Arbeitskollegen und meine Klasse sind mir schon richtig ans Herz gewachsen. Leider beginnen nächsten Monat die Sommerferien und meine Klasse kommt in die Schule. Zurzeit mache ich mit den Kindern kleine Basteleinheiten: Heute zum Beipiel hab ich mit ihnen kleine Origamiherzen gebastelt. Außerdem gebe ich zwischendurch einzelnen Kindern etwas Englischunterricht und bald werde ich auch eine Deutscheinheit mit ihnen machen. In den vergangen Wochen hat mir meine Arbeitskollegin die Lebens- und Familiengeschichten einzelner Kinder erzählt und obwohl ich eigentlich wusste wie die Realität aussieht hat es mich sehr geschockt und bin immer etwas unruhig wenn die Kinder um 17 Uhr die Creche verlassen. Viele von ihnen werden zuhause geschlagen oder wohnen bei ihren Großeltern weil die Eltern es nicht schaffen. Auch sind sehr viele Elternteile Alkohol- oder Drogenabhängig und haben dann kein Geld mehr für Nahrung oder Kleidung. Ein 5 jähriger Junge aus meiner Klasse hat schon einige Male gemodelt und hierfür kein Geld sondern Nahrung und Kleidung bekommen, was in Brasilien typisch für Kindermodels ist, damit die Eltern das Geld nicht für ihre Sucht ausgeben.

Meine Arbeitskollegen

Bilder von den Kindern habe ich leider noch nicht, werdet ihr dann aber in der Galerie finden.


UFES: Meine Universität. Dort studiere ich jetzt Philosophie. Vor 2 Wochen habe ich zum ersten Mal den Kurs besucht und da das Semester schon Anfang Dezember endet muss ich jetzt erstmal innerhalb von 3 Wochen den Stoff des kompletten Semesters nachholen. Das bedeutet gute 400 Seiten feinste Philosophie auf portugiesisch vom Franzosen Jean-Paul Sartre zu lesen und zu VERSTEHEN.
Dies würde sich allerdings schon auf Deutsch schwierig gestalten; aber wie immer dichte ich mir den Sinn des Textes irgendwie zusammen, sodass ich bis jetzt verstanden habe, dass es um die Fragestellung geht ob wir überhaupt Frei sind oder unser Leben schon vorbestimmt ist. Wobei sich dies auch schon der Überschrift des Buches entnehmen lässt.


O Ser e  o Nada ( Das Sein und das Nichts)
So oder so ähnlich sahen meine Texte auch nach Bearbeitung
im Lateinunterricht aus

Auf dem Gelände der Uni springen übrigens auch kleine Affen von Baum zu Baum. Mir wurde schon erzählt, dass ich dort gut auf meine Sachen aufpassen sollte, da es auch schon vorgekommen ist, dass die Äffchen einen ausrauben.


Dies ist schon alleine die Einladung

15. Geburtstag: Letzen Samstag war ich  auf einem 15. Geburtstag einer Tochter von Freunden der Familie. 15. Geburstage werden hier teilweise größer aufgezogen als Hochzeiten und ich kam aus dem Staunen kaum wieder raus. Riesen Location und alles zum Thema "Engel" dekoriert, Süßigkeitenbuffet, Kellner die alle paar Minuten kleine Häppchen anbieten, einen Eis- und Popcornstand, unzählige Fotografen und und und... Hierzu muss man allerdings sagen, dass die Tochter aus einer sehr wohlhabende Familie kommt. Brasilien hat halt diese wirklich große Kluft zwischen Arm und Reich was ich hier wirklich jeden Tag zu spüren bekomme. An einem Tag noch auf dem großen Fest und am nächsten Tag wieder im Projekt mit den Kindern die total anders leben, und ich als Freiwillige in beiden Welten irgendwie total dazwischen.
Das erste Bild mit meiner Gastfamilie
(Andreia, Erick, und meine Gastgeschwister Gabriel(11) & Helena(18)



Was es sonst noch zu erzählen gibt: In den letzten Wochen hab ich schon so einige Ausflüge unternommen. Kürzlich war ich auf dem "Morro do Moreno" ( einer von vielen Bergen direkt hier in Vila Velha) ein wenig klettern und konnte die wunderschöne Aussicht genießen.



Desweiteren war ich schon auf einem Theaterstück von der Klasse von meiner Nachbarin und war wirklich erstaunt darüber was für ein Schauspieltalent alle hatten; sowas hätte bei uns nichtmal die Theater-AG auf die Beine gestellt bekommen.

Letzten Samstag war ich mit Anna auf einem "Feira da Gratidao"; Dort ging es um Nächstenliebe, insbesondere darum anderen ein Lächeln zu zaubern- auch ohne Geld- einfach indem man sich und Kreativität mit einbringt: So gab es dort z.B. Joga, Gratisumarmungen, einen Stand an dem man sich einen Zettel mit einem tagversüßenden Spruch ziehen konnte und hierfür dann einen neuen schrieb, welcher dann einem anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Viele kleine tolle Dinge die diesem Markt zu etwas Besonderen machen dadurch dass sich jeder miteinbringen kann, beim nächsten Mal will ich einen kleinen Stand machen und etwas zum Thema Kulturaustausch und Deutschland einbringen. Eine wirklich tolle Idee dieser Markt, wäre auch was für Deutschland.


Wovon in Deutschland wahrscheinlich nicht viele mitbekommen haben ist die Umweltverschmutzung des Rio Doce. Der Damm einer riesigen Firma ist gebrochen und so wurden große Teile des Nachbarstaates Minas Gerais von einer Schlammwelle überschwemmt. Die noch viel größere Katastrophe ist aber das durch den Dammbruch auch viele giftige Schwermetalle in Wasser gelangt sind und die Fische und jegliches Leben im Fluss ausgelöscht wurde und jetzt auch ins Meer gelangt ist. In den nächsten Wochen soll der Schlamm auch bei uns ankommen. Da die Wassersituation in Brasilien sowieso schon recht knapp ist, macht es dies gerade nicht besser. Für Minas werden jetzt überall Wasserspenden gesammelt, weil es dort schon nichtmehr zu bezahle ist. Die Regierung behauptet jedoch dass der Dammbruch ein Unfall war, wissentlich dass der Damm schon seit 2013 baufällig war. Am Montag hab ich deshalb bei einem Protest mitgemacht.